2003-02-26: "Formel 1 2003 ? alter Wein in neuen Schläuchen""

Hallo und herzlich Willkommen im Jahr 2003.
Trotz nicht enden wollender Langeweile im Kampf um die WM 2002 gibt es auch in diesem Jahr wieder eine Formel 1 Weltmeisterschaft. Und um den sinkenden Einschaltquoten entgegenzuwirken, haben sich die Offiziellen unseres so sehr geliebten Sports einiges einfallen lassen.

Wem jetzt allerdings langfristige oder durchdachte Veränderungen in den Sinn kommen, um der Kostenexplosion der letzten Jahre entgegenzusteuern und die Überlebenschance gerade auch für die kleineren Teams sicherzustellen, die keine Unterstützung durch einen der großen Automobilkonzerne im Rücken haben, der kennt die FIA schlecht.

Wer einer Regierung im Zuge einer Kampfhundeverordnung oder einiger Maßnahmen gegen so genannte Lebensmittelskandale (meine Großmutter frittiert ihre Bratkartoffeln übrigens schon seit jeher bei deutlich über 150 Grad Celsius und ist bis dato an keiner Form von Krebs erkrankt) Reaktionismus vorwirft, der sollte sich schleunigst bei der Duden-Redaktion erkundigen, ob es inzwischen auch für Substantive Superlative gibt.

Völlig übertriebene Schnellschüsse, unüberlegt, nicht abgesprochen mit Betroffenen oder Experten und zum Teil in der Kürze der Zeit überhaupt nicht umsetzbar; das gesamte Reformkonstrukt des Automobil-Weltverbandes ist eine einzige Farce.

Ein solche Vorschau, wie Ihr sie gerade lest, müsste eigentlich eine Übersicht sämtlicher Regeländerungen zur kommenden Saison enthalten, aber die aktuelle Situation, in der laut meinem guten alten Freund Peter Sauber noch immer alle 2-3 Tage Regeländerungen per Fax an die Teams geschickt werden um sie kurz später zu revidieren, korrigieren oder einfach um den Zeitpunkt zu verschieben, zu welchem die Änderung greift.

Kurz das Wichtigste für uns eifrige Tipper:

Ab dem ersten Rennen wird die Punktevergabe definitiv nach dem Schlüssel 10-8-6-5-4-3-2-1; also 39 Punkte. Folgerichtig werden beim T.C.A. ab diesem Zeitpunkt ebenfalls 39 Punkte vergeben. Und wer will, kann auch 10 Punkte auf Barrichello setzten, denn ebenfalls beschlossene Sache ist, dass, zumindest offiziell Teamorder verboten ist.

Nicht nur die Regeländerungen, sondern auch die Tatsache, dass Ferrari und McLaren die Saison zunächst mit einem weiterentwickelten Vorjahresmodell beginnen und die finanzielle Situation bei einigen Teams erschweren eine präzise Vorhersage. Trotzdem werde ich versuchen die Lage der einzelnen Teams realistisch einzuschätzen und daraus ein Kräfteverhältnis abzuleiten.

Minardi:

Minardi macht das, was Minardi seit Jahren tut. Abgesehen von einigen starken Leistungen eines jungen Nachwuchspiloten, diese Saison ist es Justin Wilson, wird von den Italienern nicht viel zu sehen sein. Da die Zuverlässigkeit der Autos dem seit ein Paar Jahren anhaltenden Trend entsprechend weiter sehr hoch sein wird hilft es Minardi nur äußerst selten weiter, dass es schon ab Rang 8 einen WM-Punkt gibt. Jos Verstappen darf auch noch ein letztes Mal Formel 1 fahren.

Toyota:

Die kölschen Japaner werden der Aufsteiger der Saison, keine Frage. Wenn auch die Fahrerpaarung noch Reserven aufweist; Olivier Panis halte ich seit Jahren für überbewertet, Christiano da Matta ist Nachfolger der Cart-Champions Michael Andretti, Jacques Villeneuve, Alessandro Zanardi und Juan-Pablo Montoya. Also sicher kein Mittelmaß, sondern entweder Hopp oder Top. Und der letztere Fall könnte in diesem Auto für offene Münder sorgen.

BAR-Honda:

Wie immer: Dieses Jahr kommt der Durchbruch. Jaja. Aber das teaminterne Duell zwischen Villeneuve und Jenson Button könnte für Brisanz oder sogar für das Karriereende eines ehemaligen Weltmeisters sorgen. Schade, dass Jacques und auch Honda nicht schon vor Jahren erkannt haben, dass aus BAR niemals was wird.

Jaguar:

Wenn Mark Webber dachte, mit diesem Wechsel einen Schritt nach vorn gemacht zu haben, dann hat er sicher Recht. Zumindest wenn man als Bewertungsgrundlage den monatlichen Gehaltsscheck ansieht. Für Antonio Pizzonia ist es immerhin die Möglichkeit, unter wenig Beachtung ein erstes Formel 1 Jahr zu absolvieren. Sportlich könnte Jaguar mit seinen 2 sehr jungen Fahrern das Minardi-Abonnement auf die letzte Startreihe empfindlich stören.

Jordan-Ford:

Ein engagierter Teamchef, mit Giancarlo Fisichella und Ralph Firman zwei sehr gute und bis in die Haarspitze motivierte Fahrer sowie ein Team, das mit Easyjet zu den GP fliegt, reichen leider nicht aus, um die Schwäche des Ford-Motors zu kompensieren. Ein noch größeres Problem könnte aber die finanzielle Situation sein. Jordan ist der heißeste Kandidat für eine Pleite, wenn nicht noch während dieser Saison ein Motorenpartner (nicht ?lieferant!)gefunden wird.

Sauber-Petronas:

Mit Heinz-Harald Frentzen und Nick Heidfeld eine Fahrerpaarung die nicht nur auf der Strecke sondern auch innerhalb der Boxengasse gute Arbeit leisten kann. Die Zeichen stehen nicht schlecht, die angestrebte Position 5 im Konstrukteurs-Klassement ist möglich, wenn auch nicht einfach zu erreichen, da hierzu Renault oder Toyota überflügelt werden müssten.

Renault:

Jarno Trulli und Fernando Alonso sind Garanten dafür, dass auch diese Saison wieder eine Steigerung möglich ist. Nach Experimenten im Bereich Motor und Getriebe im letzten Jahr muss jetzt die Zuverlässigkeit stimmen, damit man weiter gegen Williams und McLaren kämpfen kann, wie Trulli und Button das schon im Vorjahr angedeutet haben.

McLaren-Mercedes:

Die Jungs haben ihre Hausaufgaben gemacht, und zwar gründlich. Nicht Revolution, sondern Evolution heißt das Geheimnis, da schon seit Jahren ein Jahr nicht mehr ausreicht, ein völlig neues Auto kennen und verstehen zu lernen. Wie angedeutet wird auch McLaren die Saison mit einem auf dem Vorjahresmodell basierenden Fahrzeug angehen. Das dürfte für einen Schritt nach vorn genügen, nicht jedoch, um ernsthaft um den WM-Titel zu fahren. Das neue Auto ist aber wieder ein echter Silberpfeil. Und wenn Raikkönen letztes Jahr so viel gelernt hat, wie er es in der zweiten Jahreshälfte skizzieren konnte, werden nicht nur David Coulthard sondern auch die Konkurrenz von Ferrari und Williams ein ums andere Mal das Nachsehen haben.

Williams-BMW:

Wenn nicht in den ersten Drei Rennen mindestens ein Sieg herausspringt, kann Williams die Saison abhaken. Sobald die Konkurrenz mit den neuen Autos unterwegs ist, wird es deutlich schwerer. Wenn Ralf Schumacher wirklich zu Toyota wechseln kann, sollte er das tun, denn bei Williams ist nur Platz für ihn oder Montoya, nicht für beide!

Ferrari:

Mein Idealfall sähe so aus, dass Williams zu Saisonbeginn Ferrari-Siege verhindern und McLaren ab dem Zeitpunkt, zu dem das neue Chassis zum Einsatz kommt. Realistisch gesehen sind die Italiener aber in beiden Fällen je eine halbe Sekunde zu schnell. Und deshalb ist auch diese Saison Michael Schumacher der Mann, den es zu schlagen gilt. Auch für Rubens Barrichello.

Insgesamt wird es also so aussehen, dass ganz vorne Ferrari, Williams und McLaren um die Podestplätze kämpfen, wobei heuer ein schlecht ausgewählter Reifen oder die falsche Taktik nicht nur den Abstand zu den Ferrari verringern sollte, sondern ausreichen müsste, um einen echten Kampf um den Sieg herbeizuführen.

Renault und Toyota dürften in dem einen oder anderen Rennen in der Lage sein, im unteren Bereich dieser 3-er Liga mitzuspielen. Sauber wird sich etwas dahinter einrangieren wobei es nicht unwesentlich von der Standfestigkeit und Konstanz der Toyota abhängen sollte, ob Platz 5 erreicht werden kann.

Im Mittelfeld werden Jordan und BAR ihr Duell um die Krümel ausfechten, die vom Tisch der Großen hinabfallen. Auf Grund der Motorensituation sollte BAR hier aber die Nase vorn haben. Für Jaguar ist jeder Punkt eine Überraschung, für Minardi eine Sensation.

Als Fazit kann vielleicht stehen bleiben, dass zwar noch niemand genau weiß, wie die neuen Schläuche aussehen, der Wein darin wird aber weiter rot sein.

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